Jens Weber - Natur erleben und erhalten im Osterzgebirge

Aufsätze und Manuskripte

(Grünes Blätt'l Januar 2005)

Wahrscheinlich, weil das Grüne Blätt'l im nächsten Frühling 10 Jahre alt wird, ist der

UHU

zum

"Vogel des Jahres"

auserkoren worden. Ein Grund, endlich mal was über das Totemtier der Grünen Liga zum Besten zu geben.

Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre hatte ich als junges Bürschchen mal bißchen bei den Ornithologen mit reingeschnuppert. Und ich kann mich noch gut erinnern, wie die Vogelschützer damals über das streng zu hütende Geheimnis tuschelten: Im Tal der Wilden Weißeritz haben die Uhus wieder gebrütet. Und sogar Junge groß bekommen! Aber pssst!

Die Geheimniskrämerei war nicht unbegründet. Uhus sind während der Brut sehr empfindlich gegenüber Störungen, und auch heute noch wird so manches Gelege wegen neugieriger Ornithoholiker von den Altvögeln verlassen.

Der Uhu steht heute für den Schutz der Natur, verkündet Weisheit und erschien lange Zeit dem Sandmännchenpublikum als ein besonnener, väterlicher Freund. Dem war jedoch nicht immer so. Über Jahrhunderte wurde dem gefräßigen Nachtraubvogel erbarmungslos nachgestellt. In vielen Ländern Europas führte das zur kompletten Ausrottung. In ganz Deutschland gab es Mitte des letzten Jahrhunderts nur noch etwa 50 Brutpaare. Vor dreißig Jahren waren es in Sachsen nur zwei bis fünf Uhupaare, die alljährlich zur Brut schritten. Eines davon eben im Weißeritztal.

Seit der Uhu nicht nur für, sondern auch unter Naturschutz steht, geht es mit den Beständen deutlich aufwärts. Inzwischen sind die meisten der potentiell geeigneten Lebensräume in den sächsischen Mittelgebirgen auch besiedelt. Die Art breitet sich sogar auch wieder ins Hügel- und Flachland aus, wo sie teilweise seit über hundert Jahren verschwunden war.

Im Weißeritzkreis gibt es mittlerweile wieder durchschnittlich acht Brutpaare. Sie brüten an unzugänglichen Felswänden der steilen Gebirgstäler, teilweise auch in aufgelassenen Steinbrüchen. Einen richtigen Horst bauen Uhus nicht, sondern scharren sich nur eine kleine Mulde auf einem Felsvorsprung. Dieser darf nicht von Bäumen verwachsen sein, damit die Altvögel problemlos anfliegen können, sollte aber dennoch etwas wettergeschützt sein. Darüberhinaus muß er störungssicher liegen, einer Uhubrut tun weder Mensch noch Marder gut.

Solche Lebensorte für den wählerischen Uhu gibt es selbst im vielgestaltigen Ost-Erzgebirge nicht im Übermaß. Eine weitere, wesentliche Vergrößerung des Bestandes ist also nicht unbedingt zu erwarten.

Die Störungen in der Landschaft werden ja auch nicht weniger. Beispiel A17: Etliche hundert Meter von der geplanten Autobahn befindet sich ein Felsen, auf dem früher immer mal Uhus gebrütet hatten, der nun aber seit einigen Jahren schon verwaist war. Also kein Problem, sagten die Autobahnbauer und planten munter weiter. Doch die Uhus mußten immer noch da sein, irgendwo. Selbst mitten im Ort Breitenau war einer beobachtet worden. Intensive Nachsuche brachte das StUFA (Staatliches Umweltfachamt) auf die Spur: der neue Uhu-Horstplatz befindet sich keine hundert Meter von der Trasse entfernt. Aber auch das konnte die böse Asphalt-Schlange, die derzeit unsere Region zu würgen beginnt, nicht aufhalten. Direkt neben dem Uhufelsen rattern jetzt die Baumaschinen.

Eine Gefahr für die Uhus stellen natürlich auch der Straßenverkehr, Hochspannungsleitungen und Windkraftanlagen dar. Aus dem Ost-Erzgebirge sind meines Wissens allerdings keine Verluste bekannt. Freilich werden eventuelle Unfallopfer sicher auch ziemlich rasch von Füchsen weggeräumt, die seit der Fast-Ausrottung der Tollwut unsere Landschaft in großen Mengen durchstreifen.

Das größte Problem eines Uhus ist heutzutage aber sicher der Nahrungsmangel.

Ein Uhupaar kann im Jahr ein bis zwei Junge ausbrüten. Wenn diese dann heranwachsen, haben sie pausenlos Hunger - und die Alten alle Fänge voll zu tun. Doch in unserer heutigen Zeit genügend Beute zu bekommen, stellt Mama und Papa Uhu vor große Schwierigkeiten.

Die Hauptnahrung besteht aus Mäusen. Und die sind aus der Luft im dicht geschlossenen Grün eines Rapsackers genauso wenig wahrzunehmen wie in hochwüchsigem Intensiv-Grasland. Dabei benötigen die bis zu einem dreiviertel Meter groß werdenden Könige der Nacht eine ganze Menge Mäuse zum Sattwerden. Etwas größere Tiere wären ihnen lieber, Igel zum Beispiel. Aber davon wimmelt es in unserer Landschaft auch nicht gerade. Zumindest im oberen Osterzgebirge trifft man Igel heute höchstens noch mal im plattgefahrenen Zustand am Straßenrand.

Tja, und was nun kommt, fällt mir schwer zu schreiben, paßt es doch so gar nicht zu dem von uns gepflegten Bild des edlen, weisen Uhus als Symbol für gesunde Natur:

Uhus lieben Ratten. Besonders auf Müllkippen. Wo es noch richtig schön wilde, stinkende Müllkippen gibt, gehen Uhus am liebsten auf Jagd. Hier kriegen sie offenbar am leichtesten den Bauch voll und ihre Jungen satt.

Aber die "Grünen" wollen die Müllkippen in der Landschaft ja nicht. In den letzten zehn, zwanzig Jahren sind die allermeisten dieser Schandflecken und Grundwassergefährdungen verschwunden. Zum Glück, klar. Aber für die Uhus wird es so immer schwieriger, ausreichend Nahrung zu finden.

Etliche kleine Uhukücken müssen qualvoll verhungern. Die acht Brutpaare des Weißeritzkreises bekommen - alle zusammengerechnet - pro Jahr höchstens mal drei oder vier Junge groß, in manchen Jahren auch nicht ein einziges. Dagegen hilft nur eine möglichst abwechslungsreiche Landschaftsstruktur, Äcker mit möglichst vielen verschiedenen Anbaufrüchten und möglichst wenig Schädlingsvernichtungsmitteln. Kurzrasige Bergwiesen, die nicht auf Höchjstertrag getrimmt und auch nicht alle gleichzeitig gemäht werden. Und Zonen der Ruhe, wo die Uhus ungestört bleiben. Also: naturverträgliche Landnutzung und Naturschutz - im Zeichen des Uhus, für die Uhus.

(Infobroschüre für die Tour de Natur, August 2004)

Natur im Osterzgebirge

Außergewöhnliche natürliche Vielfalt prägt die Landschaft zwischen Gottleuba und Mulde, zwischen Elbtal und Nordböhmischem Becken. Zahlreiche Pflanzenarten, wie Feuerlilien, Karpatenenzian und Buschnelken, haben hier ihre letzten sächsischen Vorkommen, manche kommen sogar deutschlandweit nur hier vor. Die bedeutendste mitteleuropäische Birkhuhnpopulation außerhalb der Alpen lebt auf dem Erzgebirgskamm, und sogar der scheue Luchs streift gelegentlich wieder durch unsere Wälder.

Seit über hundert Jahren kommen naturinteressierte Menschen ins Ost-Erzgebirge, um hier Ruhe, Entspannung und eindrucksvolle Naturerlebnisse zu genießen. Eine Skitour im dicht von Rauhreif bepackten Winterwald ist genauso unvergeßlich wie eine Wanderung zwischen berauschend blühenden Steinrücken im Frühling oder ein Herbstspaziergang an den prächtig gefärbten Laubwaldhängen der tief eingeschnittenen Täler. Besonders faszinierend: ein Tag zwischen abertausenden Orchideen und Trollblumen am Geisingberg.

Gleichzeitig liegen wohl nur in wenigen Gegenden verschwenderische Fülle der Natur und maßlose Zerstörungen so dicht beieinander wie im Ost-Erzgebirge.

- Auf der Europastraße 55 donnern die Fernlaster, während unweit im Herbst die Rothirsche röhren.

- Ausgeräumte Acker-Hochflächen sind außerstande, Starkniederschläge zurückzuhalten und lassen verheerende Fluten talabwärts schießen - andererseits zieht das Ost-Erzgebirge nach wie vor mit seinen blütenbunten Bergwiesen Besucher von weither in seinen Bann. Nicht von ungefähr findet um Altenberg und Geising das 50. bundesdeutsche Naturschutz-Großprojekt mit dem Namen "Bergwiesen im Osterzgebirge" statt.

- Schwefelsaure Nebelschwaden und sterbende Fichtenforsten haben in den vergangenen Jahrzehnten dem Ost-Erzgebirge traurige Berühmtheit beschert, gleichzeitig findet man hier noch die umfangreichsten naturnahen Laubmischwälder Sachsens. Der größte Teil unserer Gebirgstäler ist deshalb für ein gesamteuropäisches System von Naturschutzgebieten namens "NATURA 2000" nach der sogenannten Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union vorgesehen.

Kein Zweifel: Das Ost-Erzgebirge ist etwas Besonderes. Nicht zuletzt dank des Engagementes von Umweltvereinen wie der Grünen Liga konnte es sich seine Reize bewahren, die auch heute noch Naturfreunde aus Nah und Fern begeistern.

Neue Gefahren fordern noch mehr Anstrengungen zum Erhalt des Naturerbes, nicht nur von ein paar Enthusiasten, sondern von allen Bewohnern und Besuchern des Ost-Erzgebirges. Helfen Sie mit!

Die Gesteine erzählen

Einstmals ragten mächtige Hochgebirgsketten in den Himmel über Mitteleuropa - so auch hier der sogenannte Erzgebirgssattel des Variszischen Gebirges. Das war vor rund 300 Millionen Jahren. Alte Gesteine wurden unter dem hohen Druck der Gebirgsfaltung zu den heute vorherrschenden Gneisen geschiefert. Saures Magma drang aus den Tiefen der Erde auf und ergoß sich als Porphyr-Lava über das Land. Oder es blieb unter der Erdoberfläche stecken und erstarrte langsam zu Granit. Dabei stiegen metallhaltige Dämpfe bis in die obersten Schichten der Granitkuppeln auf und drangen in die Klüfte des umliegenden Felses - die spätere Grundlage für den Silber- und Zinnbergbau, der jahrhundertelang die Fürsten reich und das Erzgebirge berühmt machte.

Dann herrschte in diesem Teil der Welt über 200 Millionen Jahre lang tektonische Ruhe. Wasser, Wind und Pflanzen-wurzeln nagten am Variszischen Gebirge, langsam, aber stetig, über unvorstellbar lange Zeiten. Die hohen Berge wurden fast völlig dem Erdboden gleichgemacht, übrig blieb eine weite, sanfte Hügellandschaft. Zu Lebzeiten der Dinosaurier, als weltweit der Meeresspiegel zu steigen begann, überflutete das Kreidemeer auch weite Teile des Osterzgebirges. Es hinterließ Sandsteindecken, fast so wie im nahen Elbsandsteingebirge. Doch im Osterzgebirge sind heute davon nur noch einige Heideflächen am Nordrand und Reste im Tharandter Wald übrig geblieben.

Denn dann, gegen Ende der Kreide und im Tertiär, rumorte es wieder in der Erdkruste unter Mitteleuropa. Im Süden falteten sich die Alpen auf, und auch der Rumpf des (eingeebneten) Variszischen Gebirges wurde von gewaltigen Spannungen durchzogen. Die Erdoberfläche des "Ur-Erzgebirges" wölbte sich auf, soweit dies der feste Fels hergab, dann brach ein langer Riß auf, von Nordosten nach Südwesten. Die Südhälfte des Erzgebirgssattels sank über einen Kilometer in die Tiefe, die Nordhälfte wurde als sogenannte Pultscholle angehoben und schräg gestellt. So kann man heute relativ gemächlich vom Nordrand des Gebirges bis zu dessen Kamm jenseits der tschechischen Grenze reisen, während es von dort steil hinabgeht ins Nordböhmische Becken.

Intensiver Vulkanismus ging mit dem Auseinanderbrechen des Gebirges einher. Vor allem im abgesenkten Süden spuckten zahlreiche Vulkane Glut und Asche, es entstand das reizvolle Böhmische Mittelgebirge mit seinen charakteristischen Kegelbergen. Einige solcher Zeugen vulkanisch aktiver Zeiten prägen heute auch das Osterzgebirge, allen voran der bekannte Geisingberg.

Mit dem Heben der Pultscholle setzten hier sofort auch wieder die Kräfte der Abtragung an. Bäche und kleine Flüsse bahnten sich den Weg nach Norden zur Elbe oder stürzen den steilen Südabhang hinab. Tief eingeschnittene Täler entstanden.

Das Hochwasser vom August 2002 rief überdeutlich in Erinnerung, mit welcher Energie geologische Prozesse auch heute noch vonstatten gehen können.

Regen und Schnee, Sonne und Wind

Wie überall in Mitteleuropa bringen Westwinde immer wieder Tiefdruckgebiete aus dem Nordatlantik heran, die über dem Gebirgsstau zu Niederschlägen führen, im Sommer als Regen, im Winter zur Freude der Skifahrer als Schnee. Wenn im Juli oder August solch ein Tief vorher einen Umweg über das Mittelmeer nimmt und sich dort mit sehr viel warmer Feuchtigkeit auflädt, dann kann es hier zur Katastrophe kommen. Zwei, drei Mal pro Jahrhundert passierten solche Hochwasserereignisse im Osterzgebirge immer wieder. Mit der zunehmenden Besiedelung der Gebirgstäler wurden die Auswirkungen allerdings von Mal zu Mal immer schlimmer. Zwischen dem 11. und 14. August 2002 fielen im Raum Altenberg über 400 mm Regen, mehr als ein Drittel des durchschnittlichen Jahresniederschlages. Häuser, Straßen, Eisenbahnen wurden hinfortgerissen. Einige Menschen verloren ihr Leben, viele ihr Hab und Gut.

Es kann aber auch im Sommer hier längere Zeit schön sein. Insgesamt unterliegt der östliche Teil des Erzgebirges schon deutlich auch kontinentalen Klimaeinflüssen, was sich u.a. auch in vergleichsweise geringen Jahresniederschlagsmengen äußert. Wenn nach dem Durchzug eines schneereichen Tiefdruckgebietes im Winter die Sonne durch die klare Luft eines stabilen, osteuropäischen Hochdruckgebietes auf die weiße Traumlandschaft scheint, dann heißt es für viele Besucher des Osterzgebirges: Ski heil!

Im Kammgebiet kann allerdings mitunter auch der sogenannte Böhmische Nebel den Skigenuß trüben: feuchte Luftmassen, die aus dem Nordböhmischen Becken aufsteigen und in kondensierter Form dann in Richtung Elbtal streichen. In den vergangenen Jahrzehnten waren diese "Biehmschn Naabl" häufig extrem stark mit Kraftwerksabgasen angereichert und ließen die Fichtenforsten dahinsterben.

Bergbauern und Bergbau

Bis ins 12. Jahrhundert war das Erzgebirge noch weitgehend siedlungsfrei, nur durchzogen von Handelswegen und Pilgerpfaden zwischen den Altsiedelgebieten im nördlich gelegenen Elbtal und Böhmen im Süden. Als 1168 in Freiberg Silber und wenig später bei Graupen/Krupka Zinn gefunden wurde, begannen sich die Markgrafen von Meißen und der Großherzog von Böhmen auch für das Grenzgebirge zu interessieren. Burgen wurden gebaut und Bauern ins Land geholt. Diese legten in den Quellmulden lange Waldhufendörfer an, rodeten mit enormem Aufwand das Land und betrieben mühsamen Ackerbau.

Viele Steine mußten an den Rand der langgestreckten Hufenstreifen gerückt und dort zu den heute noch so charakteristischen Steinrücken aufgeschichtet werden.

Waren die Anfänge des Bergbaues noch recht bescheiden, so erlebte dieser mit dem Auffinden immer neuer Erzlagerstätten und zahlreichen technologischen Neuerungen im 15. bis 17. Jahrhundert eine Blütezeit. Die sächischen Kurfürsten wurden zu den reichsten Regenten Deutschlands. Doch der Dreißigjährige Krieg beendete diese Erfolgsgeschichte, der sächsische Bergbau, obgleich bis 1991 betrieben, konnte nicht mehr die vorherigen Erträge einbringen.

Für die Bauern, die über Jahrhunderte auf Gedeih und Verderb von den Früchten ihres kargen Ackerbaues im Gebirge abhingen, ergab sich ab dem 19. Jahrhundert eine neue Einkommensquelle. In Dresden erlebte die Wirtschaft einen ungeahnten Aufschwung. Viele Tausende Pferde zogen Fuhrwerke oder arbeiteten in anderen Gewerben. Sie brauchten große Mengen an Heu. Auf den neugebauten Talstraßen konnten die Bauern des Osterzgebirges das Produkt, was bei ihnen am besten wuchs, zu den Verbrauchern bringen. So entstand die Bergwiesenlandschaft, an deren spärlichen Resten sich Naturfreunde aus nah und fern sich immer noch erfreuen. Ein- bis zweimalige Mahd, kombiniert mit gelegentlicher Beweidung, brachte auf den Wiesen zwischen den Steinrücken eine unwahrscheinliche Blütenfülle mit Knabenkräutern und Kuckucksblumen, Trollblumen und Arnika hervor.

Daran erfreuten sich auch zunehmend die Sommerfrischler, die in immer größerer Zahl ins Gebirge zogen und den Grundstein für den Fremdenverkehr legten.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mußte diese Üppigkeit wieder weichen. Immer größere Landwirtschaftsunternehmen erforderten immer größere Felder, immer größere Rinder immer mehr Futter, was ohne Gift und Gülle nicht zu liefern war. Einheitsgrün löste die bunten Bergwiesen ab. Bis auf einige Gebiete, die immer noch wunderschön sind und unseres besonderen Schutzes bedürfen.

Wald in Not

In den 80er Jahren erlangte das östliche Erzgebirge traurige Berühmtheit. Hohe Schwefeldioxidkonzentrationen in der Luft rafften im Kammgebiet etliche Tausend Hektar Fichtenforsten hinweg. Inzwischen ist dieses Problem deutlich geringer geworden, doch schon drohen neue Gefahren.

Von Natur aus wäre der größte Teil des Gebietes von Buchen-Mischwäldern bewachsen, in den unteren Lagen mit Eichen und Hainbuchen gemischt, weiter oben im Gebirge vor allem mit Fichten und Tannen. An den Steilhängen der Täler kommen natürlicherweise Edellaubholzwälder mit Eschen, Ahorn, Linden, Ulmen und anderen Bäumen vor; in den Bachauen vor allem Erlen-Eschen-Wälder. Doch der Bergbau verschlang Unmengen von Holz, außerdem wurden über lange Zeiten viele Stämme nach Dresden geflößt. Im 18. Jahrhundert zeichnete sich schließlich große Holznot ab, was zum Aufforsten der überwiegend kahlen Waldflächen mit Fichten führte. Generation auf Generation dieser gleichaltrigen Fichtenreinbestände wurde im Kahlschlag genutzt und neu aufgeforstet. Ein wirtschaftlich effektives Verfahren, für das die Tharandter Forsthochschule Pate stand. Doch die Wälder wurden immer instabiler. Sie hatten schließlich den Kraftwerksabgasen und den Borkenkäfern nichts mehr entgegenzusetzen.

Heute bemüht man sich, wieder naturnähere Wälder zu schaffen. Ein langwieriges und mühsames Unterfangen, was aber bereits die ersten Früchte zu tragen scheint. Auch konnten sich über all die Widrigkeiten der Vergangenheit hier noch zahlreiche naturnahe Mischwälder erhalten: an den Steilhängen der Täler, auf den Basaltkuppen oder in einer ganzen Reihe von Naturschutzgebieten.

Dennoch: Heute zeichnen sich die sogenannten "Neuartigen Waldschäden" auch in den naturnahen Buchenwäldern deutlicher denn je ab. Die Wunden der hohen Schwefeldioxidbelastungen aus den 80er und 90er Jahren sind noch lange nicht verheilt - da machen den Wäldern vor allem Stickoxide und das daraus entstehende Ozon immer mehr zu schaffen. Ursache: vor allem der zunehmende Straßenverkehr.

Und was mit dem Klimawandel noch alles auf unsere Wälder hier zuzukommen droht, darüber mag gleich gar niemand nachzudenken.

Naturschutz

Mehrere Vereine bemühen sich, durch praktische Landschaftspflege im Osterzgebirge das vielfältige Erbe aus artenreichen Bergwiesen und Steinrücken zu erhalten, ausgeräumte Landschaften wieder mit Hecken zu durchziehen und aus Fichtenforsten wieder naturnahe Wälder zu schaffen. Konflikte zwischen Landnutzern und Naturschützern bleiben da nicht aus, doch inzwischen betrachten auch viele Landwirte Landschaftspflege auch als wirtschaftliche Cahnce.

Es ist schon viel geschafft worden. Nicht von ungefähr findet hier das 50. bundesdeutsche Naturschutzgroßprojekt unter dem Namen "Bergwiesen im Osterzgebirge" statt. Der größte Teil der Region ist Landschaftsschutzgebiet, viele Naturschutzgebiete helfen die Vielfalt sichern.

Die größte Gefahr geht heute davon aus, daß das Osterzgebirge zum Transitkorridor gemacht wird. Tausende Transiter donnern schon heute tagtäglich über die Bundesstraße B170, demnächst soll noch eine Autobahn hinzukommen. Und noch eine weitere Bundesstraße ist im Gespräch.

Um diesen Gefahren zu begegnen, bedarf es mehr als nur des "reinen" Naturschutzes.

Die Grüne Liga Osterzgebirge e.V. unterstützt deshalb Bürgerinitiativen und Bürgerengagement. Doch ach der Verein selbst ist natürlich auf vielfältige Unterstützung angewiesen: durch Mitgliedschaften und Spenden, durch ehrenamtliche Arbeit und Mithilfe bei Naturschutzeinsätzen.

Hochwasserschutz im Osterzgebirge - eine kritische Bestandsaufnahme zwei Jahre nach der Augustflut 2002

Zusammenfassung eines Vortrages beim Grüne-Liga-Seminar "EG-Wasserrahmenrichtlinie und Hochwasserschutz im Elbeeinzugsgebiet" am 18. November 2004 in Dresden

1. "Wassernot" gibt's hier öfters

· im Durchschnitt pro Jahrhundert zwei bis drei Hochwasserereignisse mit annähernd vergleichbaren Dimensionen wie 2002, bedingt durch geografisch-topografische Situation des Osterzgebirges und statistische Wiederkehrhäufigkeit bestimmter Großwetterlagen: 1897 ("Die Große Wassernot in Sachsen"), 1927, 1957(58)

· Schadensausmaß hat durch immer stärkere Bebauung und Besiedelung der Gebirgstäler seit 150 Jahren deutlich zugenommen

· nach den Hochwasserereignissen immer weiterer Gewässerausbau, insbesondere in den Ortslagen mit dem Ziel, das Wasser möglichst schnell und "schadlos" abfließen zu lassen (Ufermauern, Sohlenpflasterung u.a. bautechnische Maßnahmen) - was insgesamt die Abflußgeschwindigkeiten, die Vorwarnzeiten und das Zerstörungspotential in den Unterläufen deutlich erhöht hat

· Nach jedem Hochwasser forcierter Talsperrenbau, doch relativ schnelles Nachlassen der allgemeinen Katastrophensensibilität - Talsperren sollten zunehmend auch andere Funktionen erfüllen, zu Lasten ihrer Hochwasserschutzfunktion

· neben den bautechnischen Maßnahmen kaum sonstige praktische Schritte zum vorbeugenden Hochwasserschutz; großflächige Aufforstungsvorschläge im Müglitzeinzugsgebiet wurden (zum Glück) nicht realisiert

· 1927 verhängtes Bebauungsverbot in hochwassergefährdeten Talbereichen wurde ganze drei Jahre eingehalten

· insgesamt immer stärkere Einengung der Bäche durch Straßen-, Eisenbahn- und alle möglichen sonstigen Baumaßnahmen; in der ersten Hälfte des 20. Jh. immer mehr Querverbaue für Wasserkraftanlagen

2. Die "Jahrtausend"-Flut 2002

· gewaltige Wassermengen innerhalb von drei Tagen, allein 50 Mio m3 im Einzugsgebiet der Müglitz (entspricht einem Wasserwürfel von 367 m Kantenlänge, also höher als der Berliner Fernsehturm)

· Wasserrückhalt im Hochwasserentstehungsgebiet durch jahrzehntelange Landwirtschaftsintensivierung, ausgeräumte Großschläge, drainierte und verdichtete Quellbereiche, Fichtenmonokulturen und Waldschäden erheblich reduziert

· aber natürliches Rückhaltvermögen hätte wahrscheinlich auch unter optimalen Bedingungen nicht ausgereicht, um den extemen Abfluß zu verhindern (über dem Grundgestein des Ost-Erzgebirges in der Regel nur ein bis zwei Meter mächtige Boden- und Zersatzschicht)

· möglicherweise jedoch Verzögerungswirkung und Reduzierung der Erosion - wurde bislang nicht untersucht (die sächsischen Wasserbehörden postulieren einfach, Landnutzung hätte keinen Einfluß gehabt)

(- derzeit läuft Forschungsprojekt an der Bergakademie Freiberg)

· in den Tälern Abtrag - und Ablagerung - von enormen Geröll- und Treibgutmengen, die sich sich v.a. an viel zu engen Brücken, an Querverbauen und künstlichen Flußlaufänderungen stauten und hier die Flüsse aus ihren Betten drängten; besonders beachtliche Geröllquelle: Hinterfüllungen von Stützmauern, die der Wucht des Wassers nicht standhielten; außerdem Eisenbahnschotter; Kleingartendatschen, sonstige Schuppen, Kraftfahrzeuge und Dixiklos

· fantastische Standfestigkeit von Erlen an den Gewässerläufen, die wie Felsen auch sehr hohem Wasser- und Gerölldruck standhielten

· Bruch des Prießnitz-Hochwasserschutzdammes mit besonders schlimmen Folgen für Glashütte

· tatsächliches Verhalten des Wassers während der Flut nur ungenügend bekannt, da fast alle Pegel ausfielen;

· jetzt veröffentlichte "Ereignisanalyse" beruht weitgehend auf sogenannten Niederschlags-Abfluß-Modellen (N-A-Modelle), wobei die zugrundegelegten Werte auf nachträglichen Geländevermessungen und jeder Menge Schätzungen zu beruhen scheinen (eine nachvollziehbare Fehleranalyse der verwendeten Modelle wurde nicht mit veröffentlicht)

· eine systematische Befragung von Augenzeugen unmittelbar nach der Flut erfolgte nicht, auch die umfangreichen Beobachtungen der Grünen Liga Osterzgebirge waren nicht gefragt; inzwischen ist da sehr, sehr viel wertvolles Erfahrungswissen von Bürgern verlorengegangen, die sich während der Flut alle ihre Gedanken gemacht hatten.

3. Was danach geschah - die Hochwasserschadensbeseitigungskatastrophe

(Phase 1: bis 30 Tage nach der Flut)

· unmittelbar nach dem Hochwasser unvorstellbare Solidarität und Hilfbereitschaft, jede Menge schwere Technik von bundesweiten Bauunternehmen, Technischen Hilfswerk und Bundeswehrpanzer

· dabei totale Anarchie vor Ort, eigentlich für Gewässer zuständigen Behörden kaum präsent, wohl auch wegen dem ausgerufenen Katastrophenzustand zeitweilig "entmachtet"; Weisungen übernahmen in vielen Fällen engagierte, aber fachlich häufig wenig kompetente Stadtangestellte und sonstige couragierte Bürger

· Bulldozer und Panzer räumten in unglaublich kurzer Zeit die meisten Gewässer erster Ordnung aus, um die Bäche wieder in ihre alten Betten zu zwingen und um die eingeschlossenen Gemeindeteile zu erreichen. Dabei wurden auch riesige Felsbrocken aus den Gewässern gerissen, an denen seit der letzten Eiszeit sicher schon so manches Hochwasser einen Teil seiner Energie abgeben konnte --> insgesamt nicht wiedergutzumachende Schäden entstanden

· bei alledem beginnende Abholzungen (und Rodungen) von Ufergehölzen

· unter weiten Teilen der betroffenen Bevölkerung unterschwelliger und offener Haß auf "die Natur" im allgemeinen und auf Bäume an Gewässern im besonderen ("gefährliche Rammdorne", weil jahrzehntelang die Gewässerunterhaltung und regelmäßige Gehölzbeseitigungen verschlampt worden seien)

Phase 2: bis ein Jahr danach

· Bäche wurden nahezu komplett wieder in ihre alten Betten gezwungen, "Gerinne" mußten "winterfest" gemacht werden, um zu erwartende Schneeschmelze ordungsgemäß ableiten zu können; Ergebnis waren schnurgerade, strukturlose Abflußrinnen zwischen ausgebaggerten Geröllböschungen

· gleichzeitig sehr schneller Wiederaufbau von Straßen und Eisenbahnlinien, entweder so wie vorher, häufig aber noch breiter, massiver und noch stärker zu Lasten der Gewässer in den engen Tälern; Straßenwiederaufbau erfolgt in der Regel stur nach RAS-Q (offenbar einem Regelwerk mit einer unumstößlichen Verbindlichkeit, die höchstens vom Grundgesetz noch übertroffen wird) - heißt in der Praxis fast immer erhebliche Verbreiterung (meist zulasten der ohnehin eingeengten Bachläufe). Bürger- und Verbandsbeteiligung erfolgten genausowenig wie irgendwelche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (Ausnahme: Wiederaufbau Müglitztalbahn); Naturschutzbehörden meist zahnlos

· Straßenbehörden scheinen sich allen Abstimmungen mit den Wasserbehörden - zumindest in der Öffentlichkeit - verweigert zu haben; Wasserbehörden betrachteten die massiven Straßenbauten lange als "provisorisch" - im günstigsten Fall mit verzweifeltem Gesichtsausdruck, häufig aber auch mit deutlichem Schulterzucken

· mit Hochdruck wurde auch an der Wiederherstellung der B170/E55 gearbeitet, nach zehneinhalb Monaten durften die Transiter wieder rollen - das genoß bei der sächsischen Regierung offenkundig oberste Priorität

· viele Gemeinden verfügten aus Spendenmitteln und aus dem Hochwassertopf plötzlich über viel Geld und ließen Feldwege usw. asphaltieren oder Gemeindestraßen verbreitern

· Ufergehölzvernichtung in unvorstellbarem Ausmaß mit großen, hocheffektiven Harvestern an den Gewässern erster Ordnung und vielen, vielen motorsägenbewaffneten Leuten an den kleinen Bächen

· ABM-Truppen mit hunderten unqualifizierten Menschen unter genauso unqualifizierter Anleitung zogen die Gewässer entlang, offiziell um Müll zu beräumen. Tatsächlich wurden auch sehr viele ökologisch bedeutsame (und gewiß hochwasserunschädliche) Biotopstrukturen beseitigt, Tier- und Pflanzenarten geschädigt und auch sonst noch allerlei Unheil angerichtet. Friedliche Steuerungsversuche unsererseits blieben genauso wirkungslos wie formelle Beschwerden --> wiederum totale Inkompetenz und Zahnlosigkeit der Behörden

· Erarbeitung der Hochwasserschutzkonzepte für die Gewässer erster Ordnung durch Planungsbüros, mit viel Computermodelliererei und Schreibtischplanung, wiederum keine oder fast keine Befragungen von Menschen vor Ort, auch unsere Anregungen schienen den Leuten eher als unhydrologisches Laiengeschwätz auf den Nerv zu gehen; offenbar auch enormer Zeitdruck für die Bearbeiter

Phase 3: Gegenwart

· Fortsetzung der Straßenbaumaßnahmen

· Planung neuer Hochwasserschutzdämme, weitgehend abgeschieden von der Öffentlichkeit

· Vorlage einer umfassenden "Ereignisanalyse", erstellt vom LfUG und schweizer Entwicklungshelfern; daraus sollten eigentlich detaillierte Gefahrenkarten für alle Ortschaften hervorgehen, was aber wahrscheinlich zu teuer ist, daher bislang nur wenige Prototypen (Schlottwitz, Schmiedeberg)

· langsames Neubewerten von Ufergehölzen, während sich anfangs selbst entscheidende Mitarbeiter der LTV die Unterschiede zwischen Fichten und Erlen (bezüglich des Hochwasserschutzes) nicht im Klaren waren

· praktische Maßnahmen, die sich aus den Hochwasserschutzkonzepten ergeben, stoßen bei den Betroffenen auf erhebliche Widerstände - betrifft vor allem die sogenannten Geschieberückhaltflächen, für die Kleingartenanlagen und in einigen Fällen auch Gebäude weichen müßten

· insgesamt zu beobachten: ein erstaunlich schnelles Vergessen und Verdrängen des Hochwassers bei weiten Teilen der Bevölkerung - entsprechend schwerer wird es, Hochwasserschutzmaßnahmen auf Kosten materieller Einzelinteressen durchzusetzen

4. Rückhalt statt Schnelldurchlauf - aber wie?

· die meisten praktischen Wiederaufbaumaßnahmen orientieren sich - wie bei allen früheren Ereignissen - wieder daran, möglichst schnell und schadlos das Hochwasser am eigenen Grundstück/an der eigenen Gemeinde vorbei zu leiten (Oberlieger auf Kosten der Unterlieger)

· Konzepte setzen den Schwerpunkt auf Hochwasserrückhalt durch technische Maßnahmen --> eine sehr große Zahl neuer Hochwasserschutzdämme wurde empfohlen, auch und insbesondere in derzeit noch unverbauten, naturnahen Tälern mit hohem Naturschutzwert (FFH-Gebiete); besonders kritisch: Trebnitzgrund (12 km unverbauter, naturnaher Gebirgsbach mit außerordentlich artenreichen Hang- und Bachauewäldern) - da werden wir noch viel Unterstützung in den kommenden Kämpfen benötigen!!!

· Hochwasserdämme sorgen für recht trügerische Sicherheit; im Überlastungsfall kann das Katastrophenpotential noch um ein Vielfaches über dem des "natürlichen" Abflusses liegen; in den Betrachtungen gänzlich unberücksichtigt: wie soll die hochwasserschutzsichere Pflege und Instandhaltung für so viele Dämme garantiert werden, und das noch in Zeiten immer klammerer öffentlicher Kassen?

· Forst versucht im Windschatten des Hochwassers sein politisches Ziel zu durchzusetzen, seinen Einflußbereich von 27 auf 30 % der Landesfläche zu erhöhen. Jedoch gelten die Aufforstungsförderprogramme für alle Offenlandflächen, unabhängig von der durch die Aufforstung zu erzielende Hochwasserschutzwirkung. Dies hat zur folge, daß die Agrargenossenschaften die äußerst lukrativen Prämien vor allem dafür zu nutzen versuchen, ihre "Mistecken" zu versilbern, also die Flächen, die heute aufgrund Abgelegenheit, Steilheit, Nässe , Flachgründigkeit, Isolation oder sonstigen Gründen kaum noch gewinnbringend nutzbar sind. Solche Flächen hatten sich normalerweise aber auch der sozialistischen Landwirtschaftsintensivierung entzogen, weisen damit heute in der Regel noch die höchsten Naturschutzpotentiale auf. Daraus resultiert ein enromes Konfliktpotential, das inzwischen auch schon vor Gerichten ausgetragen wird. Darüberhinaus kann als gesichert gelten, daß - entgegen weit verbreiteten Glaubens - die Aufforstung einer ordentlichen Bergwiese eher zu einer Verschlechterung des Hochwasserrückhaltevermögens führt. Erosionsintensive Ackerflächen wurden hingegen bisher kaum als Aufforstungsflächen beantragt.

· Auch scheinbar naturnahe Waldbestände haben - nach eigenen Beobachtungen - im August 2002 kaum die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt. Gewaltige Wassermengen kamen nahezu ungebremst auch aus Buchenwald-Naturschutzgebieten geschossen, wo sie vor allem auf Rückegassen und Waldwegen bereits nach kurzem Anlauf große Mengen an Erosionsmaterial mit sich fortrissen;

· Die nachwirkenden Folgen jahrzehntelanger Belastungen der Wälder mit schwefeldioxidreichen Abgasen ("Waldsterben" der 80er und 90er Jahre im Ost-Erzgebirge), vor allem aber auch die sogenannten "neuartigen Waldschäden" haben die Feinwurzelsysteme auch naturnaher Wälder erheblich geschädigt und damit die Wasserspeicher- und Abflußverzögerungskapazitäten reduziert; neuartige Waldschäden von immer höheren sommerlichen Ozonwerten verursacht (sommerliche Extremwerte um 200 mg/m3 kommen öfter vor, pflanzenschädlicher Schwellenwert 65 mg/m3). Ursachen sind v.a. Stickoxide von Auspuffgasen des Kfz-Verkehrs.

· Noch was (hatte ich beim Vortrag leider vergessen, ist mir aber sehr wichtig): Auch die amtlichen Klimaprognosen lassen eine zunehmende Heftigkeit von Wetterextremen erwarten. Das "Jahrtausendhochwasser" 2002 war garantiert nicht das letzte und auch nicht das schlimmste Regenereignis hier. Wir sollten uns schon mal frisch machen!

· Ost-Erzgebirge ist als paneuropäischer Transitkorridor auserkoren: B170 mit bis zu 3000 Transitern pro Tag (alle ohne Katalysatoren, also gewaltigem Ausstoß von Stickoxiden, die unter der hohen UV-Strahlung im Gebirge mit dem Luftsauerstoff zu Ozon reagieren und die neuartigen Waldschäden hervorrufen); im Bau parallel dazu neue Autobahn A17 Dresden - Prag, für die mehrere zehntausend zusätzliche Laster pro Tag zu befürchten sind.

· Das Hochwasserentstehungsgebiet Ost-Erzgebirge wird somit auch künftig Starkniederschläge nicht zurückhalten können, selbst wenn all die geplanten Talsperren realisiert werden sollten.

Interview für die Zeitschrift Alligator, Frühjahr 2003

Vorneweg: die Kurzbiografie (aktualisiert Januar 2005)

Alter: 39

Kinderwunsch: Zwillinge sind was sehr Schönes, aber danach reicht's erstmal

Beruf: studierter Förster, seit 1995 aber immer nur als ABM, SAM oder arbeitsloser bei der Grünen Liga Osterzgebirge; 2004 selbständig

Hobbies: Natur genießen, wo sie noch zu genießen geht

Lieblings-Reiseziel: Gegenden, wo auf großem Raum noch Natur Natur sein darf

Lieblings-Pflanze: ach, da gibt's viele, von den Orchideen auf unserer Wiese bis zu neuseeländischen Rimu-Bäumen

Lieblings-Tier: na, Uhus natürlich (obwohl ich noch nie einen in freier Natur gesehen habe)

Lieblings-Speise: selbst gepflückter Wildkrautsalat mit selbst gemachtem Schafskäse

Lieblings-Musik: Folk bis Rock, Hauptsache kein Kommerzkitsch (was ihr so alles wissen wollt - aber Striptease muß ich nicht noch machen?)

Mitglied der GRÜNEN LIGA (GL) seit: seit Anfang an, glaube ich, hatte vor der Wende schon mit verschiedenen Liga-Embryos zu tun

Bisherige Posten bei der GL: ich mag keine Posten, war irgendwann mal ein Jahr lang Mitglied im sächsischen Liga-Landessprecherrat, aber die Zeit war mir zum Labern zu schade; ich versuche lieber hier vor Ort was zu bewegen

Fragwürdigstes Erlebnis bei der GL: beim Kampf gegen die Autobahn A17 im Osterzgebirge am Ende ziemlich allein dazustehen (vom RA Johannes Lichdi und zwei, drei anderen mal abgesehen) und damit natürlich keine Chance mehr zu haben, die schlimmste Katastrophe vom Osterzgebirge noch abwenden zu können.

Schönstes Erlebnis bei der GL: jedes Jahr wieder bei unserem "Lager für Arbeit und Erholung" gemeinsam mit vielen netten und interessanten Gleichgesinnten Heu machen (www.heulager.de!)

kurzes Statement zur momentanen Situation des Umwelt- und Naturschutzes in der BRD: Auch wenn wir als Umweltvereine natürlich als erstes von Fördermittelkürzungen betroffen sind, kann man diesem Land eigentlich nur eine lange und schwere wirtschaftliche Rezession wünschen, damit nicht soviel Geld für Naturzerstörungen ausgegeben werden kann.

Nun zum Hauptteil:

Welches sind die wichtigsten Umweltthemen im Osterzgebirge?

Das Osterzgebirge ist ja berüchtigt für die schlimmen Waldschäden der 80er und Anfang der 90er Jahre, als mehrere Tausend Hektar Fichtenforsten den schwefelhaltigen Abgasen des Braunkohlewahns zum Opfer fielen. Daran haben wir heute noch schwer zu tragen. Andererseits ist in der kleinteiligen Kulturlandschaft des Osterzgebirges mit seinen Bergwiesen, Feuchtbiotopen, Steinrücken und naturnahen Felstälern noch ein außergewöhnlicher Artenreichtum zu finden, den zu erhalten viele Anstrengungen kostet. Das Schlimmste ist aber, daß wir als Haupttransitkorridor zwischen Mittel und Südosteuropa auserkoren sind. Da wird eine neue Autobahn gebaut, die viel mehr Verkehr anziehen wird, als sie selbst bewältigen kann. Deshalb soll noch eine neue Bundesstraße hinzukommen, und - selbstverständlich - die erforderlichen Querverbindungen. Auch von einer Transrapid-Strecke nach Prag ist die Rede.

In der Öffentlichkeit spielt natürlich das August-Hochwasser noch immer eine große Rolle. Bloß zum grundlegenden Umdenken hat selbst das nicht gereicht bei den allermeisten Mitmenschen.

Woran arbeitet Ihr aktuell?

Am Überleben. Unsere bisherigen Fördermittelquellen sind weitgehend versiegt. Wir haben viele Projekte im Kopf und in der Schublade, nur brauchen wir eben Geldgeber dafür. Manchmal drängt sich der Eindruck auf, daß nur noch die Braven ordentlich Fördermittel bekommen. Wer gegen die Straßen des Staates sich auflehnt, braucht sich an den Fördermittelhähnen gar nicht mehr anzustellen.

Die Grüne Liga Osterzgebirge hat im Prinzip vier Betätigungsfelder:

1. Naturschutzfachliche Planungen (Biotopverbundplanung Oberes Müglitztal, Bergwiesenschutzprogramm, Artenschutzprojekt Wildapfel u.a.), damit haben wir uns in den letzten Jahren auch finanziell über Wasser gehalten, nun sieht's aber gar nicht mehr gut aus in diesem Metier.

2. praktische Biotoppflege (Mahd von Berg- und Naßwiesen, Steinrückenpflege, Waldumbau, Heckenpflanzung); davon läuft vielleicht ein knappes Drittel über Naturschutzeinsätze mit freiwilligen Helfern, der Rest über FÖJ und ABM (auch da sind die Perspektiven eher schlecht)

3. Öffentlichkeitsarbeit, Umweltbildung (jeden Monat ein bis zwei naturkundliche Wanderungen, Vorträge, viel Pressearbeit)

4. umweltpolitisches Engagement (Unterstützung von Bürgerinitiativen, Autobahn, die gerade ablaufende Hochwasserschadensbeseitigungskatastrophe, bei der Bäche zu Bulldozer-Rennpisten umgewandelt und tausende Bäume gefällt wurden)

Wie gut seid Ihr in der Region präsent und eingebunden?

Die Umweltbewegung in Sachsen leistet sich den Irrsinn, daß in jeder Region ein anderer der großen Umweltverbände ein Quasi-Monopol hat (wobei sich die Themen und Aufgaben weitgehend überlappen, nur die verbandsinternen Strukturen unterscheiden sich). Hier im Osterzgebirge sind eben wir "die Grünen", vor allem aufgrund einer intensiven Pressearbeit. Daraus resultiert auch eine nicht unbeträchtliche Unterstützung, z.B. in Form von Spenden. Das heißt natürlich noch lange nicht, daß wir in den Köpfen der meisten Mitmenschen bisher viel bewegen konnten. Die Leute hier sind im allgemeinen doch sehr konservativ in ihrem Denken. Manchmal könnte man daran schon verzweifeln. Zwei Drittel wählen hier beharrlich CDU, und in manchen Orten darüber hinaus bis 10 % Nazis.

Was waren (in kurzen Stichpunkten) Eure größten Erfolge der letzten Jahre?

Über diese Frage mußte ich am längsten nachdenken, weil mir zu jedem Erfolg gleich mehrere Mißerfolge einfallen. Zunächst einmal können wir auf der Erfolgsseite verbuchen, daß es uns noch gibt. Zum zweiten freue ich mich immer wieder, wie viele Leute zu unseren Naturschutzeinsätzen kommen, insbesondere unser sommerliches "Lager für Arbeit und Erholung" (ironische Anspielung an die Schülerpflichteinsätze in der DDR-Produktion, hat damit aber nichts zu tun). Darüber hinaus ist natürlich jeder Orchideen- oder Arnikabestand, der dank unserer Biotoppflege wieder zugenommen hat, ein kleiner Erfolg.

Und schließlich empfinde ich es als - leider zu späten - Erfolg, daß sich nun endlich eine Bürgerinitiative gegen den Transitverkehr anfängt zu wehren. Einige der Aktiven denken da durchaus nicht nur an die Laster vor ihrer Haustür. Nur fürchte ich, daß die Messen inzwischen gesungen sind. Die EU-Osterweiterung findet auf Autobahnen und Europastraßen statt, und die sollen im Osterzgebirge konzentriert werden.

Was waren (in kurzen Stichpunkten) Niederlagen?

Wir hatten vor fünf Jahren wie die Löwen gegen den Bau der neuen, gigantischen Grenzzollanlage in Zinnwald gekämpft, und voll verloren. Innerhalb kürzester Zeit hat sich daraufhin die Transiterzahl verdreifacht. Na, und ähnlich sieht's mit der Autobahn A17 am Ostrand des Erzgebirges aus.

Schlimm war im letzten Jahr auch, wie wir hilflos mit anschauen mußten, wie die ganzen Flüsse von Panzern und Baggern zerrammelt wurden. Es herrschte die totale Anarchie, die zuständigen Behörden verschwanden wochenlang auf Tauchstation. Jetzt haben wir hier die tollsten Hochwasserbeschleunigungskanäle - baumfrei und von allen Felsbrocken beräumt, die zehntausend Jahre lang Hochwasserwellen abgebremst hatten.

Gibt es Kontakte zu tschechischen und polnischen Umweltgruppen?

Oh, das ist ein schwieriges Kapitel. Da die einst von Sudetendeutschen bewohnte böhmische Erzgebirgsseite heute auf weiten Strecken entsiedelt ist, kann man da nicht allzuviele Kontakte knüpfen. In losem Kontakt stehen wir mit der "Erzgebirgsinitiative" (Krusnohorska Iniciativa), die aber ihren Schwerpunkt eher im Mittel- und Westerzgebirge hat. In den letzten Monaten entsteht gerade in Dubi/Eichwald eine Bürgerinitiative gegen den Lkw-Transit auf der E55, das läßt sich ganz hoffnungsvoll an. Bis Polen ist es von uns aus zu weit, um da praktische Kooperationen aufzubauen. Wir hatten mal eine Gruppe polnischer Jugendlicher beim Heulager, aber das war schon alles.

Hat sich diesbezüglich etwas geändert nach dem Hochwasser?

Höchstens insofern, daß sowohl auf tschechischer wie auf deutscher Seite bei einigen Leuten die Erkenntnis um sich gegriffen hat, daß das Abendland gar nicht untergeht, wenn die Transiter nicht mehr rollen können. Seit August 02 ist die B170/E55 für den Lkw-Transit unpassierbar, und auf beiden Seiten der Grenze kämpfen die BI's gemeinsam darum, daß dies so bleibt. Gleichzeitig wird aber unvermindert an der Autobahn A17/D8 geplant und gebaut. Wir haben mal ausgerechnet: durch die 500 Hektar Versiegelung zwischen Elbtal und Erzgebirgskamm würden bei einem Niederschlagsereignis von 300 mm insgesamt 1,5 Millionen Kubikmeter Wasser schnurstracks auf Pirna zu rasen.

Wie stark ist Eure Region vom Hochwasser betroffen gewesen?

Muß ich dazu wirklich noch was sagen? Es gibt doch inzwischen duzende Bücher darüber. Altenberg lag mitten im Kern des Regengebietes, hier fielen an einem Tag über 350 mm, in drei Tagen 420 mm Regen. Wir waren mit unserem Schellerhauer Naturschutzpraktikum da gerade mittendrin, das war schon beeindruckend. Die Einrichtungen der Grünen Liga sind glimpflich davongekommen, eine Kollegin hat dabei allerdings das Wohnhaus ihrer Familie verloren.

Gibt es das Grüne Blätt 'l noch?

Nuklor, das gibt's noch. Jeden Monat neu, alles Handarbeit. Die Auflage liegt jetzt bei 230, wovon etwa 200 an "Abonnenten" gehen, die ab und zu mal eine Spende überweisen und somit das Grüne Blätt'l weiterhin ermöglichen. Und jeden Monat wird von mir wieder ein neuer Uhu erwartet, das ist gar nicht so einfach. Jens Heinze hat jetzt auch eine online-Ausgabe zusammengebastelt (www.gruenes-blaettl.de)

Arbeitet Ihr mit den Bundeskontaktstellen und Facharbeitskreisen der GRÜNEN LIGA zusammen?

Eigentlich nicht. Wir machen hier eben so unser Ding. Da geht schon genügend Zeit mit Koordinieren und Kooperieren in der Region drauf. Irgendwann muß man ja auch all das Zeug machen, über das man sich dann in Kontaktstellen und Arbeitskreisen austauschen könnte. Und in den letzten Jahren ist es mir doch wichtiger, ab und zu auch mal bissel Zeit für meine Kinder zu haben, als ständig nur zu irgendwelchen Gremien zu düsen.

Wann hast Du Dich das erste Mal in der Umweltbewegung engagiert? Wie bist Du zur GRÜNEN LIGA gekommen?

Kommt drauf an, was man als "Umweltbewegung" gelten läßt. Ich war in der Schule schon der grüne Spinner, der Bäume gepflanzt, Wiesen gemäht und mit einer Kulturbund-Ornithologen-Fachgruppe auf Exkursionen gezogen ist. Richtig ernst wurde es Ende der 80er in verschiedenen Studenten-Umweltgruppen. Die waren im Dresdner Raum auch mit die wichtigsten Keimzellen für die Grüne Liga, glaube ich.

Was hält Dich bei der Umweltbewegung? Oder verabschiedest Du Dich aus dem Naturschutz?

Wenn man die Welt auf den Abgrund zusteuern sieht, kann man doch nicht einfach zugucken. Befriedigend ist es allerdings auf Dauer nicht, immer nur gegen Windmühlenflügel zu kämpfen (die sprichwörtlichen, meine ich, die anderen sind bei uns im Osterzgebirge auch ein sehr heißes Thema). Da braucht man immer mal eine Auszeit, um wieder halbwegs klar im Kopf zu werden, Wichtiges von weniger Wichtigem zu sortieren.

Du verabschiedest Dich im Juni 2003 von der LIGA und wanderst nach Übersee aus. Wohin treibt es Dich und was sind die Gründe dafür? Was sind Deine Pläne?

Hier scheinen ja ganz schöne Gerüchte zu kursieren. Im Moment fühle ich mich zwar ziemlich ausgebrannt und wäre schon bereit, auszuwandern. Aber so einfach ist das ja nicht. Meine jetzige Frau und ich waren 1993/94 schon mal reichlich anderthalb Jahre in Asien, Australien und Neuseeland unterwegs, da lernt man auch wieder vieles schätzen, was hier selbstverständlich ist (von Schwarzbrot bis zum gesetzlich verbrieften freien Betretungsrecht der Natur). Und jetzt werden wir ab Juli für ein halbes Jahr - wenn's Geld reicht, so sehr viel kann man als ABM ja nicht sparen - nach Nordamerika reisen.Ich möchte gern einmal in großflächigen Naturlandschaften ökologische Prozesse erleben und etwas Kraft tanken. Nächstes Jahr kommen unsere Mädels in die Schule, dann ist man schließlich auf die Schulferien angewiesen. Und für vier oder sechs Wochen setze ich mich nicht mehr in einen Flieger.

"Global denken - lokal handeln" halte ich für einen ganz wichtigen Leitspruch. Seit ein paar Jahren habe ich zunehmend das Gefühl, daß vor lauter lokalem Handeln das globale Denken verloren geht. Deshalb mal eine Auszeit.

Wirst Du irgendwann ins Osterzgebirge zurück kehren?

Da schlagen zwei Seelen in meiner Brust. Zum einen bin ich doch sehr mit dieser Landschaft hier verbunden, und viele Naturschutzprojekte sind auch langfristig angelegt. Andererseits steht zu befürchten, daß dies hier in den nächsten Jahren eine ganz, ganz üble Gegend wird: Autobahn, B170alt, B170neu, noch mehr Straßen, jede Menge Hochwasserdämme (einen davon direkt vor unserer Haustür), dafür Steinbrüche en masse, Waldsterben infolge der Autoabgase (geht schon los, Laien sehen es bloß noch nicht und Förster wollen's noch nicht sehen - wie damals), noch mehr Versauerung, gesundheitsbedenkliche Ozonbelastungen. Erstmal eine Weile weg hier, raus aus dem Alltagskampf, und dann Entscheidungen treffen.

Bleibst Du der LIGA treu?

Für mich ist die Grüne Liga kein Selbstzweck. Es ist wichtig, daß Menschen eine gemeinsame Plattform für Umweltengagement haben. Es ist wichtig, daß in jeder Region Strukturen überdauern, auf die spontane Bürgerinitiativen bei akuten Problemen aufbauen können. Und es ist wichtig, daß immer wieder den Leuten ökologisches Denken nahegebracht wird - keiner soll einmal sagen können, er hätte das ja alles nicht gewußt. Bei uns im Osterzgebirge versucht die Grüne Liga - mehr oder weniger erfolgreich - diese Strukturen zu bieten. Das heißt nicht, daß das immer und überall so sein muß.

Laut Jens Heinze hast Du viel im Osterzgebirge bewirkt. Gibt es einen "Kronprinzen" (d.h. jemanden, der als Nachfolger an Deine Stelle tritt)?

Wahrscheinlich liegt es daran, daß ich hier die Öffentlichkeitsarbeit mache, daß alle denken, Jens Weber sei die Grüne Liga Osterzgebirge. Sicherlich wird's auch ohne mich weitergehen, möglicherweise anders als ich es machen würde, aber das ist ja auch gut so. Ein Verein von Gleichgesinnten sollte ja auch nicht nur von einer Person dominiert werden. Wir haben hier einen Vorstand, einige engagierte Kollegen und Kolleginnen, und vor allem etliche junge Leute, denen die Grüne Liga inzwischen wichtig geworden ist. Leider kommen die meisten davon von außerhalb (Dresden) und nicht aus dem Osterzgebirge selbst.

Wie beurteilst Du den Irak-Krieg?

Ich hätte auch nicht mit Bomben vom Honecker-Regime befreit werden wollen.

Viele unserer Freunde und Bekannten reagieren mit völligem Unverständnis darauf, daß wir nach Amiland reisen wollen - ausgerechnet jetzt! Aber ich hoffe, jenseits der Kriegshysterie in den US-amerikanischen Medien auch kritische Menschen kennenzulernen. Diverse Internetseiten geben zu dieser Hoffnung Anlaß. Vielleicht ist es ja auch gut, Kontakte zu Regierungskritikern auf der anderen Seite des Atlantiks zu pflegen. Als bei uns noch finsterer Realsozialismus herrschte, haben wir uns auch über Westbesuch gefreut.

Gibt es Hoffnung für unseren Planeten?

Nö.

Was ist Deine Kritik an der GRÜNEN LIGA?

Ich engagiere mich hier vor Ort und nicht in den Verbandsstrukturen. Deshalb habe ich eigentlich auch kein Recht, Kritik an der Grünen Liga als solcher zu üben. Aber ich habe das ungute Gefühl, daß wir uns zunehmend mit uns selbst beschäftigen. Profilierungssüchte und Eitelkeiten sollten besonders in schwierigen Zeiten zurückstehen. Das gilt auch über Vereinsgrenzen hinaus.

Was sind Deine Wünsche für die GRÜNE LIGA?

Perspektivisch wünsche ich mir, daß es einmal zu einem deutlich stärkeren Schulterschluß zwischen den Verbänden kommt. Warum sollte z.B. die Grüne Liga nicht mit dem BUND fusionieren, die weitestmögliche Beibehaltung eigener Strukturen sollte doch aushandelbar sein.

Wenn ich mir die Sachsen-Liga so anschaue, habe ich eigentlich nicht mehr das Gefühl von einem lebendigen, schlagkräftigen, zukunftsfähigen Verein, der den kommerziellen und administrativen Naturzerstörern wirkungsvoll Paroli bieten kann. Und dabei sollen wir ja wohl gegenüber den anderen Landesverbänden noch recht gut dastehen.

Was ist ein schöner, gelungener Tag für Dich?

Einen Tag lang mit Freunden gemeinsam Bäume pflanzen und danach Volleyball spielen. Oder mit den Kindern abends vorm Zelt während eines Rikscha-Urlaubs. (Wir hatten so ein indonesisches Becak, ideal für Ausflüge mit kleinen Kindern. Inzwoschen fahren unsere Zwillinge selbst Fahrrad).

Ich kann es aber auch sehr genießen, eine Woche alleine wandern zu gehen oder Fahrrad zu fahren, ohne mit jemandem kommunizieren zu müssen.